Archaische Kostbarkeiten

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„Gold. Der Film der Nibelungen“, heißt die diesjährige Produktion der Nibelungen-Festspiele Worms. „Kostbar“ heißt die Präsentation von Anna Deborah Zimmermann im Kunstverein Worms. Sie zeigt blitzende Blattgold-Tupfer und blanke Kupfer-Objekte zusammen mit Schwemmholz, Holzkohle, Asche und Salz in archaisierenden Installationen. Seit 2010 kooperiert der Kunstverein regelmäßig mit den Nibelungen-Festspielen.

Die Installationen stellen einen vielschichtigen, nicht-narrativen Bezug zum Nibelungen-Mythos her. „Feld“ ist ein mit Holzkohlestückchen und Asche bestreutes Geviert, auf dem 15 formgleiche, aus Metallbändern gerundete und gefügte Objekte inszeniert sind. Man kann sie abstrakt-konstruktiv sehen oder als überlebensgroße Helme interpretieren und das Feld als Schlachtfeld. Zehn Helme sind aus Kupfer, fünf aus Aluminium. „Überlieferung“ ist eine Wandinstallation in der Form einer Reihung. Auf einem Kunststoffgewebe sind Holzstückchen befestigt, die Anna Debora Zimmermann am Rheinufer aufgelesen hat. Sie sind vom Wasser in oft bizarre Formen glatt gewaschen. Die meisten sind Fragmente aus hartem Stamm- oder Astholz und brüchigeren Zweigen. Einige sind an Nägeln als von Menschen gefertigte Kulturobjekte erkennbar. Einzelne Hölzchen sind mit Blattgold-Tupfern versehen oder feuergeschwärzt. Die Reihung von dunklem Holz auf weißem Grund wirkt, tritt man zurück und überblickt das Ganze, wie eine archaische Schrift; der mesopotamischen Keilschrift verwandt, doch statt in Lehm geritzt, wie ein Hochrelief als Schriftband oder Fries montiert. Der archäologische Bezug kommt nicht von ungefähr. Anna Deborah Zimmermann hat Ur- und Frühgeschichte, Archäologie, Ethnologie und Religionswissenschaften in Heidelberg und Berlin studiert. In Kalifornien studierte sie zeitgenössischen Tanz; danach Bildende Kunst an der Freien Akademie Mannheim. Sie lebt in Heidelberg als freischaffende Künstlerin und Performerin. In der Video-Arbeit „Reingold“ und einer Installation aus etwas älteren Kupferobjekten (2011) ist der Rhein als Energiestrom die treibende Bildidee. Die Kupferobjekte erinnern an in die Breite gezogene Gugelhupfformen. So wie sie auf einem langen, weißen Band aufgestellt sind, schwimmen sie als Schiffchen auf einem Fluss. Eins liegt quer, ist umgekippt und entlässt eine Salzstreu wie ein Brunnen das Wasser. Das Video ist ein sich rasant abspulender, dreiminütiger Durchlauf von Bildfragmenten. Der Betrachter kann Motivdetails zunächst nicht wiedererkennen und orten, weil Montagetechnik und Schnelligkeit des Bildflusses abstrakt wirken. Von einer Brücke aus ist senkrecht nach unten der Rhein fotografiert im Gewimmel verkleinerter Containeraufsichten und vergrößerter Technikdetails auf dahinziehenden Schiffen, von kunterbunt-treibendem Müll, strudelndem und glattem Wasser: ein endlos erscheinendes Fließen. Neben diesen Rhein-Gold-Nibelungen-Arbeiten sind Grafiken zu sehen, die durch die Art ihrer Ritztechnik ebenso ins Auge fallen, wie durch feinste Ziselierung der Motive. Auf Zinkplatten ist dunkelglänzender, fast schwarzer Lamourlack aufgebracht. Die fein geritzten Liniengespinste haben eine organische Anmutung. Sie ziehen sich in eine Richtung wie der Saftfluss in Bäumen, breiten sich spitzig oder kritzelig gerundet aus wie Mikroorganismen, klumpen manchmal zu wolkigen Gebilden zusammen. Ein Zyklus heißt „Kraftwerke“, andere Titel deuten auf Vegetabiles hin. Auch hier geht es um Energie. termin bis 31. Juli, Kunstverein Worms, Renzstraße 7, Freitag/Samstag/Sonntag, 15 bis 18 Uhr.